Samstag, 2. Juli 2016

Support.com (SPRT) - praktisches Beispiel eines Zigarrenstummels?

Support.com (SPRT) - praktisches Beispiel eines Zigarrenstummels?

Heute möchte ich euch einmal die Firma Support.com vorstellen. Ich bin auf dieses Unternehmen durch einen Hinweis im NetNet-Hunter-Newsletter aufmerksam geworden. Normalerweise vermarktet sich der Kollege Evan Bleker dort immer nur selbst und stellt gefühlt nur japanische Unternehmen vor, die für mich schwierig zu bewerten sind. Doch diesmal nannte er ein Unternehmen, welches - wie der Name schon vermuten lässt - in der IT-Branche beheimatet ist. Was liegt da also näher, als dass ich mir als Softwareentwickler Support.com einmal anschaue.

Firmenprofil:
Das Unternehmen bietet Software und Dienstleistungen rund um das Thema Support/Helpdesks/Servicehotlines an. Ihr Hauptprodukt ist 'Support.com Cloud', welches vorher unter dem Namen Nexus (wie das Google-Smartphone) vermarktet wurde. Ihnen geht es bei ihrem Angebot vor allem um Prozessoptimierung. Mitarbeiter sollen schneller Lösungen für Probleme von Kunden finden (sie nennen das Agent Experience). Damit verbunden ist der sogenannte Guided Paths Designer, bei dem es darum geht, Schrittabfolgen für bestimmte Problemlösungen festzulegen: dies sind quasi die Vorlagen für die Agent Experience. Remote Control ist der nächste Bestandteil ihres Angebots. Damit soll es möglich sein, Kunden z.B. durch Nutzung deren Smartphone-Kameras zu helfen. Bsp: Fernseher zeigt kein Signal an. Dann soll der Kunde mit dem Smartphone ein Bild oder Video von den Anschlüssen machen, so dass der Supportmitarbeiter sieht, wie die einzelnen Geräte verbunden sind. Dies entspricht mehr oder weniger der praktischer Umsetzung des Ausdrucks 'Ein Bild sagt mehr als tausend Worte'. Der letzte Teilbereich nennt sich Interaction Analytics (Auswertung von Daten: d.h. wobei konnte wie schnell geholfen werden, wobei nicht...: Sprich es geht um das Erkennen von Verbesserungspotentialen bei der Interaktion). Wer sich insgesamt näher damit auseinandersetzen möchte, sollte dies durch den Besuch deren Webseite tun. Die Internetadresse (URL) dürft ihr raten :-)

Der gesamte Bereich, in dem sie tätig sind, nennt sich Support Interaction Optimization (“SIO”) und hat ein globales Volumen von 1.3 Mrd $. Es wird eine jährliche Steigerung von 10 % auf 2.6 Mrd in 2020 angenommen. Laut eigenen Aussagen sind sie eines der führenden Unternehmen in diesem Bereich. Sie bieten ihre Dienstleistungen über die Cloud an.

Vorteile von Cloudlösungen sind ja in den meisten Fällen, dass man von lästigen administrativen Aufgaben befreit wird (z.B. Rechner beschaffen, Software installieren, Skalieren, Backup, Sicherheit, Updates etc.). Als Verwender der Cloudlösung verlässt man sich darauf, dass es funktioniert und dass man sich mehr oder weniger nur um die Nutzung des Programms selbst kümmern muss. In der Theorie klingt das meist sehr gut (Hey. Damit sparen wir uns ja die teuren Rechner, die teuren Administratoren, die teurere Sicherheitsinfrastruktur...). Das Problem ist dann allerdings, dass die Anbieter von Cloudlösungen meist nur anfangs preiswerter sind, aber mit der Zeit teurer werden. Zusätzlich ist man meist von ihnen abhängig. D.h. ein Anbieterwechsel wird - je nach genutztem Angebot - schwierigbis unmöglich. Preisbildungsmacht hat man meiner Meinung nach als Anbieter an dieser Stelle nur, wenn man viele Kunden hat (wie z.B. Amazon mit AWS). Support.com hat allerdings das Problem, dass knappe 75 % der Umsätze über Jahre hinweg schon von lediglich 2 Kunden kommen (Comcast mit 60 % und Office Depot mit 16 %). D.h. hier besteht ganz klar eine Abhängigkeit in die falsche Richtung. Zusätzlich ist das Supportgeschäft meiner Meinung nach ein hart umkämpfter Markt, in dem es schwierig ist, Alleinstellungsmerkmale vorzuweisen. Den Firmen, die diese Bereiche auslagern, geht es nur darum, Kosten zu sparen (Outsourcing nach Bulgarien, Indien oder China).

Geschäftszahlen:
Hier einmal eine Übersicht der letzten Jahre bezüglich Anzahl Aktien, Umsatz, Gewinn/Aktie, Free Cashflow und den Kursen in den jeweiligen Jahren (Daten stammen aus den 10Ks)

Wie man erkennen kann, nimmt die Anzahl an Aktien stetig zu, der Umsatz wurde zwischenzeitlich recht stark gesteigert, Gewinn wurde nur in einem Jahr gemacht, der Free Cashflow war lediglich in 3 Jahren positiv und die Kurse waren extrem volatil. Die Zahlen aus dem ersten Quartal 2016 sehen auch nicht viel besser aus: Der Umsatz ist von 22m im Vorjahresquartal auf 15m zurückgegangen, es wurde ein Verlust gemacht von 4,3m und auch der Free Cashflow war negativ mit -4,4m.

Nun folgt ein Bild des Grauens: Der Kursverlauf seit deren IPO im Jahr 2000:

Da fällt mir nur eins ein: Autsch. Den Aktionären der ersten Stunden ist mein Beileid sicher. Die meisten Leser werden sich jetzt fragen, warum ich mir ein Unternehmen mit einer solchen Historie und einem solchen Chart überhaupt anschaue. Der Grund dafür ist folgender: Der Kurs war zuletzt 0,87 $ (bzw. 0,79 €). Dies ergibt eine Marktkapitalisierung von 47,8m $. Cash + Wertpapiere aus der letzten Bilanz ergeben 61m, an Forderungen sind 10m vorhanden und die Gesamtverbindlichkeiten betragen 10m $. D.h. das Unternehmen wird ein ganzes Stück unter Netto-Cash gehandelt. Der Enterprise Value ist negativ. Das Eigenkapital beträgt 67m. Das Unternehmen wird somit unter Buchwert gehandelt. Für einen potentielen Käufer würde bei einer Übernahme kein Goodwill entstehen. Es gibt ca. 4,3m ausstehende Optionen. Da deren durchschnittlicher Ausübungspreis allerdings 2,40 $ beträgt, fällt das nicht weiter ins Gewicht. Zusätzlich gibt es Verlustvorträge in Höhe von 160m $. D.h. sollte das Unternehmen in Zukunft mal wieder Gewinn machen, würde die Besteuerung erst einmal gering ausfallen. Goodwill ist nicht mehr vorhanden, da er im vergangenen Jahr komplett abgeschrieben wurde.

Positive News gab es in der letzten Woche. Auf der Hauptversammlung ist es dem Aktivist-Investor VIEX Capital Advisors, der direkt und indirekt knappe 15 % der Anteile vertritt, gelungen, 5 von 6 Sitzen im Board of Directors besetzen zu können. Demnächst steht wohl ein Wechsel der Vorstandsvorsitzenden an (erst seit 2014 ist es Elizabeth Cholawsky - war vorher Managerin bei Citrix). Ein Aktienrückkaufprogramm - welches bei einer solchen bilanziellen Situation durchaus Sinn macht - soll wohl aufgelegt werden und wenn ich es richtig verstanden habe, wird sich VIEX darum bemühen, zeitnah einen Käufer für das operative Geschäft zu suchen. Der Umsatz von hochgerechnet 50-60m in diesem Jahr ist für einige Unternehmen sicherlich recht verlockend. Manche CEOs bekommen ihre variablen Anteile ja z.B. anhand von erreichten Umsatzsteigerungen... In 2013 wurde zusätzlich gezeigt, dass man durchaus Geld verdienen kann. Alles in allem würde man dafür sicherlich einen Abnehmer finden. Die Frage wäre dann nur, zu welchem Preis.

Hier einmal eine Übersicht bezüglich der Aktienkäufe der Leute, die jetzt wohl das Sagen haben (Quelle):

  • Series One: 3,250,595 für $3,636,312: Durchschnittspreis 1,11$
  • BLR Partners: 3,905,623 für $4,742,648: Durchschnittspreis 1,21$
  • Bradley L. Radoff (einer der gewählten Directors): 875,000 für $1,018,764: Durchschnittspreis 1,16$
  • Joshua E. Schechter (weiterer Director): 100,000 für $109,157: Durchschnittspreis 1,09
  • Richard Bloom (weiterer Director und evtl. bald CEO): 50,000 für $41,325: Durchschnittspreis 0,83 $

Diese Preise sind - bis auf den eher kleinen Kauf von Richard Bloom - allesamt oberhalb des aktuellen Kurses angesiedelt. Und da die Herren (und Damen) sicherlich eher Gewinn als Verlust machen wollen, schätzen sie den inneren Wert des Unternehmens sicherlich auch höher ein, als den aktuellen Kurs.

Meine Bewertung:
Das operative Geschäft würde ich mit knapp 25m $ bewerten (halber Umsatz oder aber 10facher Gewinn, wenn man das Unternehmen optimiert). Nimmt man einmal an, dass es bis zum Verkauf ca. 1 Jahr dauert und in diesem nochmal knapp 10m $ an Cash verbrannt wird, würde dies zusammen mit den dann 50m an Cash + Wertpapieren (+10m Forderungen - 10m Verbindlichkeiten) einen Wert von knapp 75m ergeben - einen knapp 50 prozentigen Aufschlag auf den aktuellen Marktwert. Diese Sicherheitsmarge reicht mir, so dass ich mir in dieser Woche ein paar der Papiere ins Depot gelegt habe. In der Vergangenheit konnte man bei der Firma Balda (jetzt Clere AG) sehen, wie solch ein Investment im besten Falle funktionieren kann. Dort hatte auch ein Geschäftsmann (Thomas van Aubel) durch einen 29%tige Beteiligung das Kommando übernommen, einen eigenen Vorstand installiert, das operative Geschäft veräußert, Sonderdividenden ausgeschüttet, eine steueroptimierte Kapitalherabsetzung durchgeführt und nutzt nun das Restgeschäft als Investmentunternehmen, damit die Verlustvorträge nicht verloren gehen.

DISCLAIMER: Bei der hier vorgestellten Unternehmen handelt es sich um einen ausländischen Pennystock mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 50 Millionen Dollar. D.h. es bestehen neben den Währungsrisiken natürlich auch sonst Verlustrisiken. Die Handelsumsätze an den deutschen Börsen sind sehr gering. Die Daten wurden nach besten Wissen und Gewissen zusammengetragen. Es wird allerdings keine Gewähr für die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser übernommen. Daher sollte jeder nochmals seine eigenen Nachforschungen und Berechnungen vornehmen, bevor er in Support.com investiert!

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