Dienstag, 30. August 2016

Branchenquickcheck: Börsennotierte Zeitarbeitsunternehmen

Branchenquickcheck: Börsennotierte Zeitarbeitsunternehmen

Nachdem ich mir letzten Monat BigPlayer des IT-Beratungsbereichs angeschaut hatte, wollte ich mir interessehalber auch einmal einen Überblick über 'allgemeine' Zeitarbeitsfirmen verschaffen. Das Geschäftsmodell dieser ist relativ einfach: Anderen Unternehmen temporär Arbeitnehmer zur Verfügung stellen und dafür eine Gebühr kassieren, die höher ist, als das Geld, welches sie selbst für den Arbeitnehmer zu zahlen haben inkl. aller anfallenden Nebenkosten (Sozialversicherungsbeiträge, Fahrtkosten, Urlaub etc.). Andere Begriffe für Zeitarbeit sind Arbeitnehmerüberlassung oder Leiharbeit. Im Zuge der Umsetzung von Schröders Agenda 2010 haben die auch vorher schon vorhandenen Zeitarbeitsfirmen in Deutschland einen echten Boom erfahren und sind wohl auch weltweit in Zukunft ein sehr wichtiger Bestandteil der Industrie. Mittlerweile dürfte die Zahl der Leiharbeiter bei geschätzt 1 Mio. liegen in Deutschland. Für die ausleihenden Unternehmen selbst sind die Leiharbeiter nicht unbedingt billiger. Aber auf Schwankungen der Nachfrage kann wesentlich flexibler reagiert werden. Wahrscheinlich kennt jeder jemanden, der als Zeitarbeiter tätig oder der in der eigenen Firma als Zeitarbeiter beschäftigt ist.

Als ich noch Student war, war ich selbst einmal für ein solches Unternehmen tätig. Ich meldete mich am Vormittag bei der Firma und hatte am Nachmittag schon einen Ferienjob in einer Getränkefabrik. Meine Aufgabe bestand darin, über 8 Stunden in der Nachschicht ca. 250.000 abgefüllte Flaschen zu beobachten und diejenigen wieder aufzurichten, die bei der 'Fahrbahnverengung' (2 Spuren auf eine Spur) drohten, umzukippen. Wenn ich mich recht erinnere, bekam ich dafür 7,50 € Stundenlohn + 10 € Fahrgeld und Ablöse/Tag. D.h. die Bezahlung war in Ordnung, auch wenn ich vom Anspruch her eigentlich lieber in 'meinem' Bereich (IT) gearbeitet hätte. Entsprechende Angebote waren in Südthüringen zu der Zeit aber leider Mangelware.

In Deutschland und weltweit gibt es unzählige lokal tätige Zeitarbeitsfirmen, aber auch einige Große, die börsennotiert sind. Dabei gibt es Spezialisierte (z.B. Robert Half, AmadeusFiRe, HAYS, Kelly Services), aber auch eher 'Allgemeine', welche größtenteils einfache Hilfskräfte oder aber Mitarbeiter im Handwerk vermitteln. Die heutige Übersicht beinhaltet 4 Allgemeinen Adecco (Schweiz), Randstad (Niederlande), Manpower (USA und 'Begründer' der Branche) und Temp Holdings Co (Japan), sowie zum Vergleich den 'Spezialisten' Robert Half International (USA).

Hier mal ein kleiner Überblick mit aktuellen Zahlen ausgewählter Unternehmen:

Echte Alleinstellungsmerkmale und somit Wettbewerbsvorteile von weltweit tätigen Leiharbeitsunternehmen gibt es meiner Meinung nach nicht, was man an den Geschäftszahlen ganz gut erkennen kann. Robert Half als 'Spezialist' sticht natürlich margentechnisch heraus. Bei allen Unternehmen gibt es anorganisches Wachstum durch Übernahmen, was man an den hohen Goodwill-Zahlen erkennen kann. Randstad hat z.B. kürzlich die Übernahme von Monster durchgeführt und auch sonst gibt es mit den schon angesprochenen lokalen Anbietern viele kleine Übernahmekandidaten. Da diese dann meist über Buchwert gehandelt werden (nichts ungewöhnliches für Dienstleistungsunternehmen), steigt dann natürlich auch der Goodwill. Die Zahlen von Adecco wurde für eine bessere Vergleichbarkeit einmal um die 2015 durchgeführte Goodwill-Abschreibung bereinigt. Normal lag der EBIT bei ca. 300m und das Nettoergebnis war geringfügig negativ. Für 2016 sieht das ganze wohl vergleichbar aus, wie die bereinigten Zahlen. Auf den ersten Blick scheinen Randstad und Manpower sowie Robert Hall am interessantesten zu sein und wandern mal auf die Watchlist. Ggf. werden sie demnächst noch einmal detailierter analysiert. Dabei werden ich auch auf Chancen und Risken eingehen wie z.B. Auswirkungen von Krisen (Finanzkrise + Eurokrise) oder rechtlichen Anpassungen (Mindestlohn, Übernahmepflichten etc).

Wichtiger Hinweis: Beim Zusammentragen der Zahlen (TTM-Zahlen - also die der letzten 12 Monate) inkl. der Umrechnung in USD kann es durchaus zu Fehlern gekommen sein. Daher sollte jeder seine eigenen Nachforschungen anstellen! Mir ging es erst einmal nur um einen groben Vergleich, um herauszufinden, welche Unternehmen man sich evtl. mal näher anschauen sollte. Falls euch noch welche einfallen, würde ich mich über entsprechende Kommentare freuen.

Sonntag, 28. August 2016

Robert Kiyosaki: 'Rich Dad, Poor Dad'

Robert Kiyosaki: 'Rich Dad, Poor Dad'

Vor kurzem fragte mich ein Bekannter, was ich da eigentlich so bei Facebook poste. Irgendwas mit Zahlen und Charts, mit dem er allerdings nicht wirklich was anfangen konnte. Dabei kamen wir ins Gespräch und mir wurde wieder einmal bewusst, wie wenig sich viele Leute mit dem Thema Geldanlage auseinander setzen. Mein Bekannter wusste nicht, wie man Aktien kauft, wie ein Aktienkurs bestimmt wird, wie das mit der Börse funktioniert und dass man einen Großteil der notwendigen Informationen zu Unternehmen kostenlos im Internet erhalten kann. Und er ist kein Einzelfall. Das Verhältnis von Leute, die sich mit dem Thema auskennen und auch auseinandersetzen, zu den Leuten, die es nicht tun, ist genau verkehrt herum. Nur 5 % tun es und 95 % tun es nicht. Das Verstörenste ist, dass selbst Bekannte, die sich damit auskennen oder sich dafür interessieren sollten (Steuerberater, Leute aus Bankwesen oder Versicherungsfachleute), es nicht tun.

Ich persönlich bin meinem Vater sehr dankbar, dass er einige meiner Interessen (Computer, Sport) schon frühzeitig in die meiner Meinung nach richtige Richtung gelenkt hat. Mit 11 Jahren wollte ich gerne eine Spielkonsole haben. Nach langem hin und her entschied er sich dazu, dass ich einen PC bekomme. Einen Großteil des Kaufpreises von 1.400 DM musste ich damals selbst übernehmen und von meinem Ersparten bezahlen. Es war ein 286er mit 16 MHz, 1 MB RAM, einer 40 MB Festplatte, MS-DOS 5.0 als Betriebssystem und einem 14'-VGA-Monitor, der sich strahlungstechnisch wahrscheinlich nicht vor einem CASTOR hätte verstecken müssen. Er selbst war (und ist noch) ein 'einfacher' Arbeiter und vermittelte mir frühzeitig, dass ich es v.a. durch Bildung schaffen kann, leichter Geld zu verdienen, als er. Mit Ratschlägen wie 'Mit Englisch und Französisch kommst du durch die ganze Welt' oder 'Von Arbeit ist noch niemand reich geworden' hat er mich geprägt und meinen bisherigen Lebensweg entscheidend beeinflusst. Im Nachhinein hätte ich mir nur eine Sache gewünscht: neben der Vermittlung von Grundprinzipien (nicht mehr ausgeben, als man einnimmt) noch mehr Grundbildung in Sachen Finanzen. Ein Bekannter hatte ähnliche Erfahrungen gemacht, die allerdings sogar so weit gingen, dass er am Ende relativ hohe (Konsum-) Schulden hatte. Er war es, der mir das Buch 'Rich Dad, Poor Dad' empfahl. Seine Denkweise hätte es auf jeden Fall positiv beeinflusst, sagte er, und, dass dieses Buch eigentlich jedes Kind ab 10 Jahren lesen sollte, um die angesprochene 'finanzielle Grundbildung' zu erhalten. Dieses Buch wollte ich an dieser Stelle einmal vorstellen.

'Rich Dad, Poor Dad ' von Robert Kiyosaki und Sharon Lechter wurde 1997 geschrieben. Der komplette Titel lautet "What the rich teach their kids about money, that the poor and middle class do not", also sinngemäß "Was die Reichen ihren Kindern über Geld beibringen und die der Unter- und Mittelschicht nicht". Das Buch selbst beginnt mit der Erzählung, wie Sharon Lechter Robert Kiyosaki kennenlerne und sie zusammen den Entschluss trafen, aus den lose gesammelten Anektoden und Ideen Kiyosakis ein Buch zu erstellen.

Kiyosaki wurde auf Hawaii geboren und wuchs auch dort auf. Er hatte laut seinen Ausführungen 2 Väter. Der eine, sein richtiger Vater, war im Bildungsbereich tätig, gab ihm die altbekannten Ratschläge 'Lerne, studiere und suche dir einen sicheren Arbeitsplatz, um durch harte Arbeit aufzusteigen'. Dies war der 'arme' Vater. Sein reicher 'Vater' (eigentlich der Vater seines Freundes) war Schulabbrecher, Firmeninhaber und sagte eher solche Sachen wie 'Lerne, studiere und finde eine gute Firma, die du kaufen kannst'. Der eine riet ihm, sich auf den Staat und das Rentensystem zu verlassen und der andere sagte sinngemäß 'Verlass dich nicht auf Staat und das Rentensystem, denn sonst bist du verlassen'. Im Verlauf des Buches zeigte er die unterschiedlichen Denkweisen der beiden immer wieder auf, wobei er am Ende eher den Ratschlägen des Reichen als des Armen Vaters gefolgt ist.

Mir gefiel an dem Buch vor allem, dass man auf bestimmte Themen (Cashflow, Steuern und aktives vs. passives Einkommen) einmal eine erfrischend andere Sichtweise bekommt. Bei der Frage nach den größten Ausgaben, die man so hat, wären mir beispielsweise spontan Miete, KFZ und Versicherungen eingefallen. Bei den meisten der Mittelschicht, zu der ich mich einfach mal zähle, sind es aber die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Dies nimmt man aber als Otto-Normalverbraucher einfach als gegeben hin. Hier ist der Ansatzpunkt der Reichen. Arbeitet man für Geld, kommt man irgendwann an den Punkt, dass man mehr als 40 % des Einkommens für direkte Steuern bezahlt. Indirekte Steuern (Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Versicherungssteuern etc.) sind da gar nicht mit eingerechnet. Dieses Geld ist einfach weg und verschwindet im Schwarzen Loch 'Staatskasse'. Lässt man allerdings Geld für sich arbeiten, hat man nur Kapitaleinkünfte und zahlt dann vereinfacht gesagt maximal 25 % Steuern. Kiyosaki selbst hat sein meistes Geld mit Immobilien gemacht. Reiche lassen also ihr Geld für sich arbeiten und nutzen dabei gewisse Schwächen im System aus. In den USA ist es wohl so, dass man bei der Veräußerung von Immobilien keine Steuern auf Gewinne bezahlt, wenn man sich mit dem Geld eine größere Immobilie kauft. Von Deutschland weiß ich, dass es für vermietete Immobilien eine zehnjährige Spekulationsfrist gibt, nach der der Veräußerungsgewinn steuerfrei ist. Da mir hierzu die Kenntnisse und Erfahrungen fehlen, habe ich mir kurzerhand einfach mal ein Buch zum Thema Immobilien bestellt, um herauszufinden, was in Deutschland diesbezüglich möglich ist. Ein Artikel folgt sicherlich irgendwann.

Ansonsten ist das Buch kein literarisches Meisterwerk sondern ein flüssig lesbarer, witziger und hilfreicher Ratgeber, den ich in Zukunft wohl noch einmal durcharbeiten werde. Es ist meiner Meinung nach wirklich sehr zu empfehlen und für relativ kleines Geld bei Amazon oder auch eBay zu bekommen. Von Kiyosaki gibt es auch das im Buch selbst angesprochene Brettspiel 'Cashflow' zu kaufen, was allerdings mit einem Preis von fast 200 € echt teuer ist. Der Bekannte, der mir das Buch empfohlen hat, hat es sich bestellt und ist begeistert. Ich selbst konnte mich noch nicht dazu durchringen, aber wie ich mich kenne, werde ich es irgendwann genau so besorgen, wie die Harry Potter Limited Edition mit Hogwards Schloss :-)

Donnerstag, 11. August 2016

Hibbett Sports (HIBB): MidCap-Sportartikelhändler mit Zukunft?

Hibbett Sports (HIBB): MidCap-Sportartikelhändler mit Zukunft?

Vor kurzem befasste sich MMI von valueandopportunity mit dem britischen Sportartikel-Discounter sportsdirect.com und kam zu dem Ergebnis 'Ganz interessant. Ab auf die Watchlist'. Dabei erinnerte ich mich, dass ich ein ähnliches Unternehmen auf meiner Watchlist habe, welches ich nach einer Kurzanalyse in der Vergangenheit genau so eingestuft hatte, wie er. Dabei handelt es sich um Hibbett Sports (HIBB) und ich werde es euch heute einmal vorstellen.

Hibbett Sports ist ein amerikanischer Sportartikeleinzelhändler, der sowohl online (stylische Webseite) als auch in Ladengeschäften Schuhe, Kleidung und Sportartikel vertreibt. Angefangen haben sie 1945. 1965 wurde ein zweites Geschäft eröffnet, Ende 1980 hatten sie 12 und mittlerweile über 1000. Börsennotiert sind sie seit 1996, also 20 Jahre. Ich bin auf HIBB aufmerksam geworden, als ich Konkurrenzunternehmen von Dick's Sporting Goods gesucht hatte und fand es interessant durch sein kontinuierliches Wachstum, seine für einen Einzelhändler durchgehend guten Margen und seine wesentlich geringere Marktkapitalisierung. Beeindruckend fand ich, dass sie aus der Finanzkrise gestärkt hervorgegangen waren. Zu dem Erstanalysezeitpunkt Ende 2014 waren sie allerdings relativ teuer im Bezug auf die üblichen Kennzahlen (KGV, KFCF) und die wichtigen Same-Store-Sales-Zahlen waren zurückgegangen. Seitdem hat der Aktienkurs um ca. 30 % nachgegeben und steht aktuell bei ca. 35 $ bzw. 32 €, wobei Chartisten für die letzten 6 Monate wohl von einer Seitwärtsbewegung sprechen würden. 1996 lag der Kurs übrigens um die 4 Dollar und das Allzeittief wurde 1997 bei ungefähr 2,40 $ erreicht. Aktionäre der ersten Stunde können sich also nicht beschweren.

Personliche Erfahrung mit Sporteinzelhandel:
Durch meine Kaufgewohnheiten bin ich ein typischer Kunde von Sporteinzelhändlern. Meine Familie und ich wandern gerne, treiben viel Sport und kaufen auch öfters in lokalen Sportgeschäften ein (z.B. bei Sport Bittl oder Karstadt Sport). Wir lassen uns dort beraten, probieren die Klamotten/Schuhe/Wanderstiefel an oder Sportartikel aus und kaufen sie auch meist direkt im Laden. Wir tun dies das ganze Jahr über, sowohl zu 'normalen' Geschäftszeiten, wie auch zu Schlussverkaufszeiten. Natürlich schaut man auch öfter mal online nach den Preisen der Sachen. Wirklich preiswerter sind die Artikel dort aber meist nicht. Online bestellen wir Klamotten, Schuhe und Sportartikel nur ab und an (geschätzt ca. 20 % unserer diesbezüglichen Ausgaben). Ich persönlich in ca. 0 % der Fälle. Alle Männern wissen, wovon ich rede :-)

Kommen wir zunächst zu den Geschäftszahlen:

Mir persönlich gefallen diese Zahlen recht gut. Umsatz, EBIT und Nettogewinn wurden kontinuierlich gesteigert und die zugehörigen Cashflows sehen auch nicht so übel aus. Die Anzahl der Geschäfte wurde um 70 % gesteigert in den letzten 10 Jahren. Die Nettomarge liegt durchgehend über 5 % (aktuell ca. 7,5 % - die Zahlen des starken ersten Quartals verzerren das Bild), ein für den Einzelhandel durchaus akzeptabler Wert. Im Vergleich: Bei Dick's liegt sie durchgehend bei < 5 %. Gesamtkapitalrendite und Eigenkapitalrendite liegen im langjährigen Mittelwert-Bereich und sind auch wesentlich höher, als bei Dick's.

Was gefällt mir?

  1. Gutes und gleichmäßiges Wachstum. Durchgehend sehr profitabel. Cashflow-Zahlen fast nie weit von den Nettogewinnen entfernt und durchgehend positiv - trotz Wachstums.
  2. Marktkapitalisierung kleiner 1 Mrd. $. Damit gibt es viele institutionelle Investoren, die nicht dabei sein dürfen. Zusätzlich wäre es ein meiner Meinung nach nettes Übernahmeziel.
  3. Schuldenfreiheit bezogen auf Kredite/Anleihen. Durchgehend nur Finanzierung durch operatives Geschäft. Laut letztem 10Q hatten sie 73 Mio. $ auf der hohen Kante ohne ausstehende Kredite/Anleihen. Die Belastung pro Jahr durch Operatives Leasing liegt bei ca. 60 Mio und steigt natürlich immer weiter, da neue Geschäfte auch geleased werden.
  4. Von den Kennzahlen her (KGV, KFCF, EV/EBIT) aktuell so günstig, wie lange Zeit nicht mehr. Sie werden fast so bewertet, als würden sie mitten in einer Krise stecken oder nicht mehr wachsen.
  5. Durchgehend gute Margen, die auch höher liegen, als bei direkten Konkurrenzunternehmen.
  6. Sind nur in den USA tätig. Daher wenig Währungsrisiko und hohe Berechenbarkeit (z.B. im Bezug auf Steuern).
  7. Keine Dividende. Kapital über Aktienrückkäufe an Aktionäre zurückgeführt. V.a. im Moment können sie relativ günstig Aktien zurückkaufen, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Die Anzahl der Aktien hat sich in den letzten Jahren von 32 Mio. auf 22,4 Mio. verringert. Vom aktuell autorisierten 300 Mio.-Rückkaufprogramm (man beachte hierbei, dass die Marktkapitalisierung nur bei knapp 800 Mio. liegt und der Enterprise Value bei 720 Mio. !) waren Ende April noch über 290 Mio. übrig.
  8. Fähiges Management, welches gut durch die Finanzkrise geführt hat und Probleme meiner Meinung nach frühzeitig erkannte und anging (Ausbau des Online-Angebotes).
  9. Keine Verwässerung durch Optionen in naher Zukunft zu erwarten.

Was gefällt mir nicht?

  1. Eigentlich schwieriger Markt (Einzelhandel) ohne echte Wettbewerbsvorteile. Viele Marktteilnehmer und hoher Verdrängungswettbewerb. Zusätzlich wird in Krisenzeiten normalerweise zuerst am Konsum gespart. D.h. auf teure Sportschuhe und Golfausrüstung wird da evtl. am ehesten verzichte. Konkurrenz durch Onlinehandel wird sicher nicht abnehmen, wobei sie dort meiner Ansicht nach selbst ganz gut positioniert sind.
  2. Same Store Sales (d.h. vergleichbare Umsatz bezogen auf Geschäfte) war im Jahresvergleich zuletzt zurückgegangen. Laut dem letzten 10Q ist es allerdings im umsatzstarken ersten Quartal wieder leicht gestiegen (ca. 1 %).
  3. Geringe Insiderbeteiligung. Der CEO Rosenthal hat z.B. nur knapp 80' Aktien. Der CFO Bowman noch weniger.
  4. Handel der Aktie in Deutschland nur in Frankfurt und dort mit extrem übersichtlichen Umsätzen. D.h. man sollte wohl eher über die NASDAQ kaufen/verkaufen.

Versuche einer Prognose:
Hier versuche ich einmal verschiedene Szenarien durchzuspielen. Einen Bear-Fall (pessimistisch) unter der Annahme von sehr geringem Wachstum + einer unterdurchschnittlichen Nettorendite + KGV 10, dann einen Normal-Fall unter der Annahme des langjährigen Wachstums + einer durchschnittlichen Nettorendite + KGV 12 und zuletzt den Bull-Fall (optimistisch) unter erhöhtem Wachstum, einer überdurchschnittlichen Nettorendite und einem KGV 14. Die verschiedenen Szenarien gewichte ich dann gemäß meiner Eintrittswahrscheinlichkeitsannahmen 20%/60%/20%.

Im Ergebnis würde ich also auf eine Rendite von rund 9 % p.a. kommen.

Zusammenfassung:
Ich habe noch keine Aktien. Die aktuelle Bewertung gefällt mir allerdings und ich gehe davon aus, dass das Management den vorsichtigen Wachstumskurs fortsetzen kann. Im letzten Conference Call wurde für das Gesamtjahr ein Gewinn/Aktie von 2,90-3,04 genannt. Das Unternehmen wäre auf jeden Fall ein Kandidat für den 'Gut und Langweilig mit Überraschungspotential'-Bereich meines Portfolios. Mal schauen. Vielleicht schlage ich in nächster Zeit einmal zu.

Wichtiger Hinweis: Dies ist keine Kaufempfehlung! Bevor jemand auf Grundlage dieses Artikels in das Unternehmen investiert, muss er sich eigenständig informieren. Beim Zusammentragen der Geschäftszahlen können Fehler passiert sein und auch die Interpretation der Zahlen kann bei jedem anders ausfallen. Ich bin Amateur, kein Profi :-)

Montag, 8. August 2016

Novo Nordisk - Ausnutzung der aktuellen Kursschwäche Ja/Nein?

Novo Nordisk - Ausnutzung der aktuellen Kursschwäche Ja/Nein?

Beim Durchschauen der Finanznachrichten ist mir aufgefallen, dass Novo Nordisk seit letzter Woche mehr als 10 % gesunken ist. Da muss ja richtig was Schlimmes passiert sein, dachte ich mir im ersten Moment, wenn so ein meines Empfindens nach super Unternehmen in einem eigentlich recht guten Marktumfeld so einen Einbruch erlebt. Nach einer kurzen Analyse der Nachrichten wurde als Grund dafür präsentiert, dass den Investoren wohl die leicht gesenkte Umsatzprognose nicht gefallen hat. Dieser steigt nun wohl nicht um 5-9 %, sondern um 5-7 %. Klingt für mich ein wenig nach 'Sack Reis in China'. Hier zeigt sich mal wieder, wie komisch meiner Meinung nach solche Informationen interpretiert werden. Denn was mich beim Blick auf die entsprechende Folie 18 des Berichts eher auffiel, war, dass der Free Cashflow statt 35-38 Mrd. DKK (Dänische Kronen) nun 38-41 Mrd. DKK betragen soll in 2016. In Kombination mit dem stark gesunkenen Kurs gibt es das Unternehmen nun in für mich evtl. akzeptablen Bereichen zu kaufen. Daher nun einmal eine Analyse.

Wer oder was ist Novo Nordisk?
Novo Nordisk ist ein dänisches Pharmaunternehmen, welches seit 1923 aktiv ist und es seither zum Weltmarktführer bei Diabetesmedizin geschafft hat. Mir war es erstmals so um 2013 in einem Artikel des Handelsblattes aufgefallen. Seitdem steht es bei mir auf der Watchlist, da ich es bisher immer als 'zu teuer' angesehen hatte. In dem Artikel wurden Unternehmen vorgestellt, welche mit relativ hoher Sicherheit von Zukunftstrends profitieren werden. Bei Novo war es so, dass davon ausgegangen wird, dass in Zukunft immer mehr Menschen an Wohlstandskrankheiten wie Übergewicht und Diabetes leiden werden. Und da im Moment schon knapp 400 Mio. Menschen Diabetes haben (nur bei knapp 50 % ist es diagnostiziert) und etwa 600 Mio. Menschen Übergewicht, gibt es extrem viele Kunden, die mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit wiederkehrende Einnahmen bringen werden. Wer selbst Diabetes-Patient ist oder Diabetes-Patienten kennt, wird wissen, was ich hiermit meine. Laut Folie 26 des bereits angesprochenen Berichts werden für 2040 ca. 640 Mio. Diabetespatienten erwartet. Es bleibt somit wohl auch weiterhin ein Wachstumsmarkt.

Zu den Geschäftszahlen:

Was gefällt mir?

  1. Gutes Wachstum, welches in diesen Höhen natürlich schwerer gesteigert werden kann, wie bei kleinen Unternehmen.
  2. Hoher Teil der Einnahmen wird an Aktionäre zurückgeführt (per Dividende und Aktienrückkäufe), ohne dabei Forschung und Entwicklung zu vernachlässigen. Die starke Bilanz erlaubt dies. Im August wird eine Zwischendividende von 3 DKK gezahlt. Zusätzlich stehen vom 14 Mrd. DKK-Aktienrückkaufprogramm noch 6,9 Mrd DKK zur Verfügung.
  3. Schuldenfreiheit. Cash und Wertpapieren in Höhe von 15 Mrd. DKK stehen Finanzschulden von lediglich 0,4 Mrd. DKK gegenüber. Der Großteil der Verbindlichkeiten steckt in Rückstellungen (17 Mrd.). Und zusätzlich generieren sie dabei immer weiter Cash (ca. 5.5 Mrd. € dieses Jahr).
  4. Sehr hohe Renditen. V.a. die Eigenkapitalrendite von über 70 % weiß zu gefallen.
  5. Hohe Eintrittsbarrieren durch langwierige und teure Forschungsarbeit, die für neue Unternehmen notwendig wäre, um Zulassungen zu erhalten. Einige der Produkte von Novo genießen noch relativ lange Patentschutz (> 10 Jahre).
  6. Meiner Meinung nach wenig zyklisches Geschäft. D.h. im Gesamtmarkt für Diabetes-Medizin sind wenig Schwankungen zu erwarten, wenn nicht regulatorisch eingegriffen wird.
  7. Gute Zukunftsaussichten (für den Diabetes-Markt insgesamt und für das Unternehmen selbst).
  8. Sehr starke Marktposition im Bereich Diabetes + Insulin (46 % Marktanteil bei Insulin laut ihrer Präsentation). Zusätzliche Geschäftsfelder, in denen man Marktanteile gewinnen/ausbauen möchte: Behandlung von Übergewicht, Wachstumsstörungen + Behandlung von Hämophilie (Bluterkrankheit).
  9. Niedrige Steuerbelastung (20-22 %).
  10. Kaum Verwässerung durch Aktienoptionen.
  11. Sehr hohe Handelsvolumen auch an deutschen Börsen und damit auch geringe Spreads.
  12. Vergleich der Zahlen wird im Moment durch die Ausgliederung von NNIT im letzten Jahr verzerrt.
  13. Kein Goodwill und nur geringe Intangible Assets. D.h. das Know How, die Patente und die Markennamen sind nur zu einem kleinen Teil in der Bilanz enthalten.
  14. Kurs seit Jahresanfang um etwa 20 % gesunken.

Was gefällt mir nicht?

  1. Relativ teuer (KGV und KFCF im Moment um die 20, d.h. der Marktkapitalisierung von etwa 110 Mrd. € steht ein FCF von ca. 5.5 Mrd. € gegenüber). Wobei hier gilt: Qualität hat ihren Preis und in der näheren Vergangenheit kann ich mich im Bezug auf Novo an wenige solche Kaufgelegenheiten erinnern.
  2. Da ich auch bei Gilead investiert bin, weiß ich, dass es Unternehmen gibt, welche mit neuartigen Medikamenten auch Krankheiten heilen können (im Falle von Gilead war/ist es Hepatitis C). In diesem Falle wird dann natürlich die neue Medizin genutzt und die Einnahmen durch wiederkehrende Verschreibung von Insulin würden wegfallen. Das Risiko würde ich hier zwar als nicht so hoch ansehen, aber definitiv als vorhanden.
  3. Hohe Renditen und Gewinne ziehen Konkurrenten an (analog Situation bei Gilead). Im Moment sind die Hauptkonkurrenten Sanofi (Frankreich), Eli Lilly und Merck (jeweils USA), von denen aber von den Bewertungen her (Renditen im Vergleich zu KGV/KFCF) keines so interessant ist, wie Novo Nordisk.
  4. 2 Aktiengattungen. A und B-Aktien. Alle A-Aktien werden mehr oder weniger von der Novo-Stiftung gehalten. Diese entsprechen zwar laut Wikipedia nur ca. 25 % des Stammkapitals, aber auch mehr als 60 % der Stimmrechte.
  5. Durch recht hohe Marktkapitlisierung wird Novo wohl nicht übernommen. Eine Kurssteigerung á la Steinhoff/Mattress Firm Holding ist wohl nicht zu erwarten :-)
  6. Eigentlich nicht wirklich mein 'Circle of Competence'.
  7. Als Pharmaunternehmen mit teuren Produkten ist man zwangsläufig Ziel negativer Presse oder wird für den Wahlkampf missbraucht. Das aber nur am Rande, da es in diesem Blog nicht um sozialpolitische Themen, sondern um Investments geht.
  8. Dänisches Unternehmen, welches Geschäftszahlen in DKK präsentiert. D.h. man muss ständig umrechnen und Novo hat zusätzlich mehrfaches Währungsrisiko, da nur ein gewisser Teil der Umsätze in DKK selbst gemacht werden. Großteil des Wachstums kam auch durch Dollar-Stärke gegenüber EUR und DKK.

Fazit:
Aktuell wird Novo unter den langjährigen Mittelwerten für KGV, KFCF und EV/EBIT gehandelt. Die Renditen wären, wenn man die Halbjahreszahlen hochrechnet, sogar auf Rekordniveau. So richtig preiswert ist es aber immer noch nicht. Ein KGV von 20 bedeutet immer noch 'nur' eine Rendite von 5% zum aktuellen Kurs. Das momentan preiswertere und ebenso profitable Gilead habe ich schon entsprechend gewichtet im Portfolio. Zur Diversifizierung im Pharmabereich werde ich evtl. versuchen, die Marktschwäche auszunutzen und mir demnächst ein paar Anteilsscheine besorgen. Das Unternehmen ist durch seine starke Marktposition kombiniert mit seinen sehr guten Kennzahlen zu einem akzeptablen Kurs für mich ein geeigneter Kandidat für den 'Buy and Hold'-Bereich meines Portfolios.

Freitag, 5. August 2016

Tesla (TSLA): Rosarote Brille ab - Was bleibt?

Tesla (TSLA): Rosarote Brille ab - Was bleibt?

Da Tesla vor kurzem mal wieder wie zu erwarten schlechte Zahlen gemeldet hat, wollte ich an dieser Stelle auch einfach mal meine 5 cents zum Thema loswerden. Dank eines Bekannten, der sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und E-Fahrzeuge gerne voran bringen würde, hatte ich die Chance 2 Tesla zu fahren: einen Tesla Roadster und ein Tesla Model S.

Von daher kann ich sagen, dass die Produkte der Firma super sind und viel Spaß machen. Sollte man aber deswegen in Tesla investieren? Das darf jeder selbst entscheiden, aber ich habe es bisher nicht getan und werde es in naher Zukunft auch nicht tun. Und das liegt einzig und allein daran, dass es bisher nicht geschafft wurde, wirtschaftlich gesehen auf einen grünen Zweig zu kommen und ich dieses auch in den nächsten Jahren nicht sehe (v.a. durch die SolarCity-Übernahme). Jede andere Firma wäre mit solchen Geschäftszahlen schon lange pleite gewesen. Doch es gibt eben noch viele, die in Tesla das Unternehmen der Zukunft im Bereich Automobilbau sehen. Meine Meinung dazu: Tesla ist nur deswegen so stark, weil sich die meisten anderen Automobilhersteller v.a. aus wirtschaftlichen Gründen bislang größtenteils zurück gehalten haben. Klar gibt es einige Prestigeprojekte, wie den BMW i3 oder i8, den E-Up! und eGolf von VW, den Renault Zoe oder den Nissan Leaf. Deutschlandweit ca. 25.000 gemeldete Elektrofahrzeuge (Zahlen von Anfang 2016 - jetzt wahrscheinlich ein paar tausend mehr) sprechen meiner Meinung nach aber eine deutliche Sprache.

Was spricht momentan für Elektroautos?

  1. Gute Beschleunigung. Damit zu fahren, macht Spaß.
  2. 'Grüne' Art der Fortbewegung durch weniger CO2-Ausstoß (je nachdem, woher der Strom kommt). Somit gutes Image.
  3. Niedrige Wartungskosten (kein Öl, weniger Verschleißteile, Bremsen werden weniger beansprucht).
  4. Sind leise.
  5. Es gibt im Moment Förderung in Deutschland. Da diese allerdings auch Hybridfahrzeuge fördern, ist das Ganze leicht fehlgeleitet. Am kaputten Strommarkt (und den eigenen Stromrechnungen) kann man allerdings auch erkennen, was passiert, wenn eine Regierung bestimmte Projekte subventioniert.
  6. Für Pendler ideal (Leute die täglich max. 150 km zurücklegen).

Was spricht momentan eher gegen Elektroautos?

  1. Die Reichweite ist nicht jedermanns Sache. Die wenigsten schaffen wie Tesla momentan mehr als 300-400 km. Daher sind sie für Langstreckenfahrer nur eingeschränkt nutzbar. Und für Urlaubsfahrten sowieso.
  2. Meist niedrige Höchstgeschwindigkeit. In der Stadt und auf dem Land i.O. Auf der Autobahn nicht so. Viele stört das wahrscheinlich nicht, aber damit sind sie für Langstreckenfahrer wieder nur eingeschränkt nutzbar.
  3. Es gibt noch zu viele, die an einem Erfolg der E-Fahrzeuge nicht wirklich interessiert sind: Seien es Werkstätten (denen zukünftige Gewinne aus regelmäßiger Wartung entgehen), Ölunternehmen, Automobilzulieferer + Autohersteller selbst (hohe Entwicklungskosten bei unsicheren Ertragsaussichten) oder aber auch der Staat, der am Kraftstoffverkauf auch ganz gut verdient.
  4. Momentan kein schnelles Tanken möglich. Ladeinfrastruktur noch in den Kinderschuhen und es gibt nur wenige Firmen, die den Ausbau voran treiben. Vielleicht sollte hier mehr gefördert werden.
  5. Batteriemiete.
  6. Man muss sich Ladestation installieren. Machbar für viele in der Bevölkerung. Wie macht man das aber als Mieter ohne eigene Garage/Stellplatz?
  7. Der Preis: Bis auf wenige Ausnahmen (Nissan Leaf, Renault Zoe) sind die Fahrzeuge vergleichsweise teuer. Beispiel gefällig: hier. Tesla sowieso.
  8. Es gibt quasi keinen Gebrauchtwagenmarkt. Und da die wenigsten Leute Neuwagen kaufen können bzw. diejenigen, welche Neuwagen kaufen (Geschäftsleute, Firmen) wahrscheinlich nicht so oft zu reinen E-Fahrzeuge greifen, bleibt das wohl auch in den nächsten Jahren so. Wenn man dann in 3-4 Jahren ein gebrauchtes E-Fahrzeug kauft und eine komplett neue Batterie benötigt/mieten muss, werden sich wieder viele aus Kostengründen dagegen entscheiden.
  9. Design: Bis auf Tesla sind die Fahrzeuge des Massenmarktes (i8 damit ausgenommen) alles andere als ein Augenschmauß. Aber das ist Ansichtssache.
  10. Nicht jeder kann solche Fahrzeuge reparieren. Dazu braucht man meines Wissens nach eine spezielle Ausbildung, welche die wenigsten haben. D.h. der Besuch der Wald- und Wiesenwerkstatt um die Ecke fällt dann aus.
  11. Es gibt noch zu wenig Vielfalt. Es können in Zukunft nicht alle auf einmal das Model 3 fahren, nur weil es das vergleichsweise beste Fahrzeug auf dem Markt wäre. Markentreue gibt es v.a. bei Autos.

Zurück zum Investmentcase Tesla.
Hier mal die Geschäftszahlen:

Wie man sieht, ist der Umsatz massiv gestiegen in den letzten Jahren. Die Verluste sind aber auch größer geworden. Positiver Free Cashflow konnte bisher noch gar nicht erwirtschaftet werden (klar: Wachstum kostet). Die Anzahl ausstehender Aktien hat sich seit dem Börsengang fast verdreifacht. Gleichzeitig ist der Aktienkurs in Dollar ca. 9 mal so hoch, wie Ende 2010. In Euro sogar noch mehr. D.h. die Leute, die damals investiert haben, können mir den dicken Finger zeigen. Irgendwie fühle ich mich hier an die New Economy erinnert...

Und hier noch die Zahlen von SolarCity, der "Perle", welche Tesla bis Ende des Jahres für 2,6 Mrd. Dollar in Tesla-Aktien übernehmen will:

Sieht meiner Meinung nach nicht viel besser aus. Vor allem, wenn ich auf die Schulden schaue (Abschnitt 5. Indebtedness im letzten 10Q), für die ja dann rein theoretisch Tesla verantwortlich ist, kann einem Angst und Bange werden. Vielleicht haben die Kollegen ja 2 Grundrechenarten verwechselt (Addition mit Multiplikation). Die Multiplikation von 2 negativen Zahlen (Tesla-Verluste und SolarCity-Verluste) würde eine positive Zahl ergeben, die Addition nicht! Vergleicht man Geschäftszahlen von SolarCity und First Solar (der Nr. 1 im Solarmarkt USA), so hätte eine Übernahme von FirstSolar mehr Sinn gemacht. Die erwirtschaften nämlich bei knapp 4 Mrd. Umsatz in den letzten 12 Monaten einen Gewinn von knapp 800 Mio. (OK, der Cashflow ist nicht so hoch) und sind schuldenfrei (1.8 Mrd. CCE, 1.8 Mrd. Total Liabilities). Zugegeben: Die haben eine höhere Marktkapitalisierung (4.8 Mrd.), aber der Enterprise Value liegt mit 2,9 Mrd. wesentlich unter dem von SolarCity (Note to myself: FirstSolar mal anschauen). Aber an denen hält Elon Musk, der Tesla-CEO, auch keine >20 %-Beteiligung und seine Verwandten sind dort auch nicht im operativen Geschäft tätig. Ein Schelm, der böses dabei denkt :-) Mit überbewerteten Aktien für Übernahmen zu bezahlen, ist allerdings auch nicht der schlechteste Schritt. Die Zukunft wird zeigen, wie es ausgeht. Kann ja durchaus auch gut gehen. Da pro SolarCity-Aktie 0,11 Tesla-Aktien bezahlt werden und Tesla keine eigenen Aktien (treasury shares) besitzt, würden das bei ca. 98 Mio. ausstehenden SolarCity-Aktien ca. 10,8 Mio. neue Aktien Tesla-Aktien bedeuten. Da zuletzt ca. 140m Aktien ausstanden, sind es demnächst ca. 150m.

Das Apple der Automobilindustrie?
Zum oftmals aufgeführten Vergleich mit Apple: Natürlich gibt es gewisse Parallelen (Innovationen; charismatischer, aber charakterlich schwieriger CEO; massig Fanboys), aber auch einige Sachen, die nicht wie bei Apple sind/waren (Apple hat auch vor dem iPhone schon Gewinne gemacht bzw. eine starke Bilanz; ein Auto ist nun mal wesentlich teurer, als ein Smartphone). Daher kann man Tesla zwar mit Apple vergleichen, was aber nicht heißt, dass das Ergebnis (=der Geschäftserfolg) dem von Apple gleicht oder zukünftig gleichen wird.

Bewertung:
Ich persönlich investiere nicht in Tesla, da ich mein erwartetes Return on Investment nicht bestimmen kann. Ich habe keine Ahnung, welche Gewinne und welcher Free Cashflow in Zukunft erwirtschaftet werden könnten. Da gibt es einfach zu viele Variablen. Normalerweise würde ich sagen, dass ich einem Unternehmen der Automobilbranche einen KGV von maximal 10 zugestehe. D.h. bei der aktuellen Bewertung müsste Tesla 3 Mrd. Gewinn machen, damit ich es kaufe. Evlt. auch weniger, wenn das Wachstum stimmt. Die Bestandswertmethode (nach Bilanzpositionen vorgehen) macht hier keinen Sinn. Und nur mit Kurs-Umsatz-Verhältnissen zu hantieren, ist nicht meine Sache. Dr. Damodaran hat sich hier zwar herangetraut, aber der macht den ganzen Tag nichts anderes und ist auch wesentlich erfahrener, was Bewertungen angeht. Zusätzlich gab es zuletzt einiges an schlechter Presse (Autopilot-Thematik, lange Wartezeiten nach Bestellung, Übernahme von SolarCity gefällt nicht jedem). Zur Finanzierung der aktuellen Aktivitäten (Model 3-Einführung irgendwann mal, Ausbau der Produktionskapazitäten + Giga Factory, Übernahme von SolarCity) erwarte ich in den nächsten Monaten/Jahren eine weitere Verwässerung der Aktienanzahl durch Kapitalerhöhungen bzw. Ausgabe von Aktien. Aus dem laufenden Geschäft kommen die Gelder im Moment nicht und auch eine Finanzierung mit Fremdkapital (Kredite, Anleihen...) ist meiner Meinung nach zu riskant (für Geldgeber) oder zu teuer (für Tesla). Siehe hierzu auch Abschnitt 'Convertible Senior Notes Carrying Value and Interest Expense' im jeweiligen 10k. Und die Schulden von SolarCity kommen ja dann irgendwann auch noch hinzu und müssen bedient werden. Ein Blick auf die Optionen (Abschnitt 'Equity Incentive Plans') zeigt, dass Ende 2015 auch noch 20 Mio. Optionen mit einem Durchschnittspreis von rund 46 $ ausstehend waren. Das könnte also auch noch teuer werden, wenn der Kurs so hoch bleibt, und zusätzlich die Verwässerung vorantreiben...

Fazit:
Ich bin persönlich für Elektrofahrzeuge und werde irgendwann in Zukunft mit großer Sicherheit auch eins fahren. Wäre das Model S (und v.a. das Model X) nicht so teuer (> 60.000 €), würde ich mir gerne eins kaufen. Die Bilder des Model 3 sehen vielversprechend aus und ich bin am Ende auf den Preis gespannt, wenn es denn mal auf den Markt kommt. Da das Geld bei mir den größten Einfluss auf den Autokauf hat und die Ist-Situation der E-Fahrzeuge (Ladeinfrastruktur, Reichweiten, Batterietechnik) mich im Moment noch abschreckt, bleibe ich bei meinem aktuellen Fahrzeug. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Und so geht es meiner Ansicht nach vielen... Zum Thema Elektroautos gibt es übrigens 2 sehenswerte Dokumentationen, die das Dilemma der Branche ganz gut aufzeigen: 'Who Killed the Electric Car?' und dessen Nachfolger 'Revenge of the Electric Car'. Teil 2 machte zwar Hoffnung, 5 Jahre später zeigt sich aber, dass es doch nicht so schnell vorwärts ging, wie erhofft.

Zu Tesla als Investment: Viel Glück allen Investierten. Wer vor einigen Jahren eingestiegen ist und bis jetzt durchgehalten hat, hat wohl alles richtig gemacht. Die Frage ist, wer von diesen Investoren diesen Investmenterfolg auch wiederholen könnte? Elon Musk hat auf jeden Fall im Frühjahr mal locker flockig ca. 2,8 Mio. Aktien im Wert von knapp 600 Mio. $ veräußert. Von irgendwas muss man ja leben :-) Wenn ich Leerverkäufe machen würde, wäre das ein Kandidat für mich, denn im Moment schätze ich die Warscheinlichkeit auf niedrigere Kurse wesentlich größer ein, als auf höhere Kurse. Obwohl: Man weiß bei solchen Unternehmen nie, wer um die Ecke kommt und sagt 'Dadd will isch haben'. Vielleicht bin ich irgendwann auch dabei, wenn Gewinne erwirtschaftet werden oder aber die Bilanz besser ausschaut. So sage ich im Moment aber eher 'Isch möschte nicht'.

Kurzer Hinweis zum Schluss: Dies ist meine Meinung. Ich habe mich durch einige Geschäftsberichte gearbeitet und selbst Kennzahlen berechnet. Dabei können natürlich Fehler passiert sein (etwas übersehen/falsch interpretiert). Daher also unbedingt selbst nachschauen/rechnen, bevor ihr irgendwas macht!

Mittwoch, 3. August 2016

Accenture (ACN) - Unternehmensanalyse durch einen Alumni

Accenture (ACN) - Unternehmensanalyse durch einen Alumni

Nachdem ich mir vor kurzem einmal einen Überblick über IT-Beratungsunternehmen im Allgemeinen (hier) und Infosys im Speziellen (hier) verschafft habe, war es nun an der Zeit, mir meinen alten Arbeitgeber Accenture anzuschauen.

Zum Unternehmen:
Accenture selbst ist 2001 offiziell 'entstanden'. Der Name selbst steht für 'accent on the future'. Weltweiter Hauptsitz des Unternehmens ist Dublin in Irland, der Deutschlandsitz ist in Kronberg bei Frankfurt (Main). Genau wie Infosys ist man weltweit im IT-Beratungsgeschäft unterwegs. D.h. es geht um Neuentwicklung von Software, Einführung von Standardsoftware, Optimierung von IT-Umgebungen, Projektmanagement und Outsourcing. Accenture hat mehr als 375.000 Mitarbeiter, davon knapp 1/4 in Indien.

Persönlicher Bezug:
Ich war insgesamt 4 Jahre für ATS (Accenture Technology Solutions - quasi die Techies) tätig und habe diese Zeit durchaus noch in positiver Erinnerung. Im Bezug auf die Tätigkeit als IT-Berater gibt es meiner Meinung nach im Anschluss an Ausbildung oder Studium für ungebundene, fähige und flexible Absolventen nichts besseres, als über ein Beratungsunternehmen erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln. Ich persönlich möchte dieses auf keinen Fall missen, da ich zu der Zeit viele nette und fähige Leute kennengelernt habe, die teilweise jetzt immer noch für das Unternehmen tätig sind. Zusätzlich hatte ich durch Accenture auch die Möglichkeit, in Wien tätig zu sein, einer der meiner Meinung nach lebenswertesten Städte der Welt. Ein Bekannter von mir war in Australien, wieder ein anderer in Singapur, der nächste in Irland. Man kommt also gut rum, wenn man möchte und sich nicht zu dumm anstellt. Kleiner Hinweis zum Abschluss diese Abschnittes: ich wurde nicht genötigt, dies zu schreiben und bekomme kein Geld dafür. Es ist meine eigene ehrliche Meinung :-)

Hier einmal die Übersicht über ausgewählte Geschäftszahlen der letzten 10 Jahre inkl. den Zahlen des letzten 10Q zum 3. Quartal des aktuellen Geschäftsjahres:

Pep Guardiola würde dazu wahrscheinlich sagen: 'Dasse sinde super, super Zahlen'. Es gibt ein stetiges Wachstum bei Umsatz und mit Einschänkung beim Nettogewinn + Free Cashflow bei insgesamt konstant hohen Renditen. Von den Kennzahlen her gesehen, wäre Ende 2008/Anfang 2009 (kurz nach Lehmann) wie bei vielen anderen Unternehmen auch ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg gewesen.

Hier mal das zugehörige Chart (in €):

Wie man erkennen kann, sind sie seit 2009 ganz gut ohne mich zurecht gekommen und somit offensichtlich nicht von einzelnen Mitarbeitern abhängig :-)

Was gefällt mir:

  1. Durchgehend sehr profitabel. Extrem hohe Eigenkapitalrendite (war nie kleiner 47 %).
  2. Keine Abhängigkeit von einzelnen Kunden gegeben. Zusätzlich gibt es einen gesunden Branchenmix im Bezug auf den Umsatz (Zahlen aus letztem 10Q für erste 9 Monate 2016): 4.9 Mrd. Communications, Media & Technology, 5.2 Mrd. Financial Services, 4.4 Mrd. Health & Public Service, 6.1 Mrd. Products, 3.6 Mrd. Resources
  3. Durchgehend schuldenfrei. Ohne Schulden lässt es sich einfach freier agieren.
  4. Tragfähiges und zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. Viele Leute sind intern damit beschäftigt, neue Trends zu finden und frühzeitig zu bedienen. Zusätzlich gibt es viele langfristige Verträge und v.a. durch das Outsourcing eine hohe Abhängigkeit. Es dürfte relativ wenige Unternehmen geben, die nach dem Outsourcing wieder ein Insourcing durchführen.
  5. Manpower: Durch die große Anzahl an Mitarbeitern kann man auch große Projekte stemmen oder Angebote dafür abgeben. Im Falle von Problemen gibt es meiner Meinung nach immer genug Nachwuchs, der auch intern schnell geschult werden kann. Ich erinnere mich hier nur an meine eigene Schulung zum Thema Cobol für mein damaliges Wien-Projekt. Dort wurden wir innerhalb weniger Wochen in Vollzeit fit gemacht für diese Programmiersprache. Solche Fortbildungen kosten normalerweise mehrere tausend Euro (weiß ich als Freelancer aus eigener Erfahrung). Dort wurde man noch dafür bezahlt...
  6. Hohe Auslastung: Die Utilization liegt bei 91 %. D.h. wenn man Urlaub und Krankheit mit einrechnet, liegt mehr oder weniger Vollbeschäftigung der Mitarbeiter vor. Sehr viel mehr geht meiner Meinung nach nicht. Bei Infosys liegt sie mit 75-80 % ein ganzes Stück darunter. Je höher die Utilization, desto weniger Mitarbeiter sitzen auf der Bank, ohne Umsatz zu generieren.
  7. Performance Reviews wurden wohl abgeschafft. Da ich sie selbst nicht mochte - auch wenn ich immer gut abgeschnitten habe und in jedem der 4 Jahre dort aufgestiegen bin - dürfte sich dadurch die Mitarbeitermotivation durchaus erhöhen und zusätzlich kann die Zeit (v.a. für Vorgesetzte) ggf. besser genutzt werden. Diese müssen sich im Bezug auf die jeweils zugeordneten Mitarbeiter, die sie teilweise kaum sehen, weniger aus den Fingern saugen, nur um den Prozess zu befriedigen. Das finde ich als Freelancer im Moment ganz angenehm. Da ist man nur sich selbst Rechenschaft schuldig. Wenn man schlecht ist, bekommt man einfach keinen Folgeauftrag und die Sache ist gegessen.
  8. Free Cashflow meistens > Nettogewinn.
  9. Ich hätte gedacht, dass sie konjunkturabhängiger wären. 2008/2009 wurde relativ locker weggesteckt. Hier ist es wahrscheinlich vorteilhaft, in einem wenig kapitalintensiven Bereich tätig zu sein und viele junge Absolventen zu engagieren, die noch nicht so verwöhnt sind. Ein Berater braucht im Endeffekt nur einen Rechner und ein Smartphone und Reisekosten fallen nur an, wenn der Berater auch auf dem Projekt ist.
  10. Es wird gut Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitern gehalten über 'Alumni'-Programme. Das ist dahingehend wichtig, dass ehemalige Mitarbeiter bei anderen Unternehmen immer auch potentielle Neukunden sein können. Ich kenne ein paar Fälle, in denen ehemalige Mitarbeiter ins mittlere Management anderer Unternehmen gewechselt sind und später Accenture-Mitarbeiter auf Projekten eingesetzt wurden. Einfach weil man diese und die Unternehmenskultur kannte. Das ist aber wahrscheinlich bei anderen Unternehmen das gleiche...
  11. Starkes Dividendenwachstum. Mit der aktuellen (und in Zukunft wahrscheinlich weiter steigenden) Dividende hätte man bezogen auf den Kurs vor 10 Jahren eine Rendite von knapp 7 %. Bezogen auf den aktuellen Kurs liegt die Rendite bei ca. 2 %. Wäre also ein gutes Anwendungsbeispiel für Investoren, die sich auf Dividendeneinkommen spezialisieren.

Was gefällt mir nicht:

  1. Meiner Meinung nach gibt es wenige Alleinstellungsmerkmale in der Branche. Ich könnte nicht direkt sagen, was Accenture besser macht, als TCS, Infosys, Cap Gemini oder HP...
  2. Das Upper Management nimmt Aktienoptionen gerne an und löst sie ein. Allerdings verkaufen sie nur Aktien. Selbst gekauft (auf offenem Markt) wird offenbar nichts. Quelle: hier.
  3. Es gibt zwar einen Cashberg von über 3,5 Mrd. Dollar, der allerdings nicht wirklich genutzt werden kann, da immer genug Kapital für schlechte Zeiten bereit stehen muss bzw. für die Personalrückstellungen (ausstehende Urlaube und Überstunden -> immerhin 3,4 Mrd. zuletzt)
  4. Nicht wirklich günstig mit EV/EBIT von knapp 16 oder KGV von rund 18 (Zahlen bei Infosys leider ähnlich hoch).
  5. In letzten Jahren eher schleppendes Umsatzwachstum. Auf ersten Blick exzellentes Gewinnwachstum in diesem Geschäftsjahr v.a. durch den Verkauf von Navitaire (554m Pretax-Gewinn) zustande gekommen und somit eher einmalig. Wenn man zusätzlich in diesem Zusammenhang liest, dass z.B. Infosys ihren Umsatz bis 2020 um ca. 70 % auf 20 Mrd. steigern möchte, kann man auch sehen, dass es starke Konkurrenz gibt.
  6. Stark anwachsender Goodwill durch v.a. anorganisches Wachstum.
  7. Recht überschaubares Handelsvolumen an deutschen Börsen
  8. 3 verschiedene Aktiengattungen verwirren
  9. Evtl. bald neuer CEO durch Krebserkrankung des aktuellen CEO Pierre Nanterme?
  10. Evtl. fallen irgendwann mal Steuervorteile in Irland weg (aktuell nur rund 25 %)?

Fazit:
Im Nachhinein ärgere ich mich ein wenig, dass ich das Potential des Unternehmens im Bezug auf die Geschätsentwicklung (und damit einhergehende Aktienkursentwicklung) nicht erkannt habe. Die Aktien, die ich bereits vor der Finanzkrise verkauft habe (KGV 20 fand ich damals zu hoch), wären mittlerweile das 4-fache wert. Ein Investment würde ich aufgrund der hohen Bewertung und meiner Meinung nach eingeschränkten Wachstumsaussichten im Moment nicht durchführen, sondern darauf warten, dass die Kennzahlen einmal signifikant unter die langjährigen Mittelwerte fallen - wie es z.B. in 2008/2009 der Fall war. Ich habe im Moment keine Aktien und plane auch nicht, demnächst welche zu kaufen.