Samstag, 28. April 2018

Wie kommt man kostenlos an Geschäftszahlen von Unternehmen?

Wie kommt man kostenlos an Geschäftszahlen von Unternehmen?

Neulich fragte mich ein Leser, wie ich an die Geschäftszahlen komme, die ich in meinen Beiträgen immer verwende. Da wurde mir erstmal wieder bewusst, dass nicht jedem klar ist, dass man in der heutigen Zeit glücklicherweise auch an die Zahlen kommt, wenn man (noch) kein Aktionär ist und/oder Zugang zu kostenpflichtigen Finanzdiensten wie Bloomberg oder Reuters hat. Ich besorge sie mir immer folgendermaßen:

  1. Einen ersten groben Überblick kann man sich meistens über bekannte Finanzseiten, wie Gurufocus.com, Ariva.de, Onvista.de oder aber Finanzen.net verschaffen. Vor allem Gurufocus bietet dem Anwender einen guten ersten Eindruck mit zahlreichen Kennzahlen zu an amerikanischen Börsen gehandelten Unternehmen. Mein Ende 2016 verfasster Artikel 'Gurufocus - Das Paradies für preisbewusste Kennzahlenfetischisten' ist glaube ich nicht ohne Grund einer der meistgelesenen Artikel dieses Blogs.
  2. Handelt es sich um ein an amerikanischen Börsen gehandeltes Unternehmen, nutze ich immer die Meldungen der Unternehmen an die amerikanische Börsenaufsicht SEC. Konkret kommt man relativ zeitnah an 10-K (Jahresberichte) und 10-Q (Quartalsberichte)-Dokumente. Hier nutze ich meistens die NASDAQ-Webseite, da man dort schnell an die relevanten Dokumente der Unternehmen kommt (siehe Screenshot).

    Innerhalb der Dokumente steht auf der ersten Seite meist die aktuelle Zahl an Aktien (durch Aktienrückkäufe häufig anderer Wert, als in den Finanzdaten-Abschnitten). Bei den 10-K's gibt es dann in vielen Fällen irgendwo einen Abschnitt mit quartalsweisen Hoch-/Tiefpreisen. Zusätzlich kommt man über die Suche nach 'CONSOLIDATED BALANCE SHEET' relativ schnell zu den Geschäftszahlen für die dargestellten Zeiträume. Die Geschäftszahlen unterteilen sich in CONSOLIDATED BALANCE SHEET (Bilanz), CONSOLIDATED STATEMENTS OF OPERATIONS (Gewinn- und Verlustrechnung) und CONSOLIDATED STATEMENTS OF CASH FLOWS (Kapitalflussrechnung). Darüber hinaus gibt es teilweise auch noch CONSOLIDATED STATEMENTS OF COMPREHENSIVE INCOME (Gesamterfolgsrechnung) und CONSOLIDATED STATEMENTS OF EQUITY (Eigenkapitalveränderungsrechung).

    Ich habe mir ein Programm geschrieben, bei dem ich per Copy&Paste den gesamten Text mit den Geschäftszahlen reinkopiere und bei dem die einzelnen Werte entsprechend interpretiert werden. Zusätzlich werden auch noch Werte berechnet (also z.B. Enterprise Value oder die ganzen Renditekennzahlen). So bringe ich relativ zügig die Zahlen von 10 Jahren in eine Excel-Übersicht.
  3. Bei nicht-amerikanischen Unternehmen besorge ich mir die Zahlen in den meisten Fällen direkt von den Investor Relations-Seiten oder bei deutschen Unternehmen alternativ aus dem Bundesanzeiger. D.h. interessieren mich z.B. die Zahlen von K+S, so gebe ich bei Google 'K+S Investor Relations' ein, wechsle auf die Seite und suche dort nach Finanzberichten. Nachteil dieser Dokumente ist, dass sie oft nur als PDF vorliegen und man dort die Daten nicht einfach rauskopieren kann. Hier hilft dann - wenn man es machen muss/will - ein Umweg über Google Drive bzw. Google Docs. D.h. PDF runterladen, bei Google Drive hochladen, PDF markieren, 3 Punkte in der Toolbar oben betätigen, 'Öffnen mit' auswählen und dann 'Google Docs' auswählen.

    Und voila - schon hat man den PDF-Inhalt auch in Textform. Auch diesen Text kann ich jetzt in mein Programm kopieren, so dass er sie auf elektronischem Weg verarbeiten kann.

Das war es dann eigentlich auch schon. Wie man sieht, ist es kein Hexenwerk. Mit diesem Vorgehen kann man sich relativ schnell die Zahlen zusammen sammeln. Der schwierige Teil ist dann nur die Interpretation. Insgesamt gesehen muss ich sagen, dass ich vor allem den Bundesanzeiger in letzter Zeit immer mal wieder als Datenquelle herangezogen habe, da man dort auch Informationen zu nicht börsennotierten Unternehmen finden kann. Also wenn jemanden einmal interessiert, was denn die Frisörkette oder das Sägewerk nebenan (allesamt GmbHs) so in der Bilanz stehen haben, wird man dort oft fündig. So fand ich z.B. bei der Suche nach interessanten deutschen IT-Unternehmen bemerkenswert, dass die TeamViewer GmbH (Fernwartungssoftware-Hersteller) im Jahr 2016 168.5 Mio. € Umsatz gemacht hat und dabei einen Nettogewinn von 91.5 Mio. Und das bei einer mehr als sauberen Bilanz. Aber so Unternehmen ist dann in Deutschland leider eben nicht börsennotiert.

An dieser Stelle würde mich interessieren, wie ihr euch eure Zahlen immer besorgt und verarbeitet. D.h. welche Webseiten und Tools nutzt ihr bzw. stehen euch zur Verfügung? Ich lerne ja auch immer gerne dazu.

Samstag, 21. April 2018

Till Schwalm - 'Einfach Investieren - Grundlagen des Value Investing'

Till Schwalm - 'Einfach Investieren - Grundlagen des Value Investing'

Immer wieder liest man im Internet Meldungen a la 'Ich würde gerne mit dem Investieren anfangen. Was sollte ich beachten?' Meine Pauschalantwort darauf lautet eigentlich immer: 'Nicht direkt loslegen, sondern erstmal lesen, lesen, lesen.' Bisher hatte ich dann auch ein paar Buchtipps parat, wie Kostolany's 'Die Kunst über Geld nachzudenken', Grahams 'The Intelligent Investor' oder aber Lynch's 'One up on Wall Street'. Seit neuestem kann ich dieser Empfehlungsliste ein weiteres sehr gutes Buch hinzufügen, nämlich das kürzlich erschienene 'Einfach investieren - Grundlagen des Value Investing' von Till Schwalm. Till war so nett und hat mir ein Exemplar zur Durchsicht zukommen lassen.

Zum Autor Till Schwalm:

Till Schwalm (Jahrgang 1986) ist ein Investor, Buchautor, Blogger und Familienvater aus Oldenburg. Er studierte an der schweizerischen Universität St. Gallen erfolgreich BWL und Buchwissenschaften und kann in Folge dessen einen M.A. HSG in Banking & Finance vorweisen. Beruflich war er in den vergangenen Jahren bei einigen Finanzunternehmen tätig (u.a. Warburg Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH, EFG Financial Products AG und LOYS AG). Darüber hinaus veröffentlicht er des öfteren Artikel im Finanzblog 'Gewinnbringend investieren', wodurch wir im Endeffekt auch in Kontakt gekommen sind.

Zum Buch 'Einfach Investieren - Grundlagen des Value Investing':

'Einfach investieren - Grundlagen des Value Investing' ist - wie man dem Namen schon entnehmen kann - vor allem für Anfänger im Bereich des Investierens in Wertpapiere gedacht. Allerdings ist es durchaus auch für Leute wie mich, die schon ein wenig Zeit mit Aktienauswahl verbracht und den ein oder anderen Börsenzyklus durchlebt haben, zum Auffrischen des bisher Gelernten geeignet. Grob ist das Buch in die Abschnitte 'Grundlagen des Investierens', 'Vorgehen beim Investieren' und 'Analyse zum Investieren' unterteilt.

Auf etwas mehr als 200 Seiten erfährt der Leser dabei viele interessante Dinge zu Themen wie 'Was ist die Börse (=ein Handelsplatz für Wertpapiere)', 'Was ist eine Aktie (=ein Anteil an einem konkreten Unternehmen)', 'Was versteht man unter wertorientiertem Investieren (=Value Investing)', 'Welche Eigenschaften sollte ich mitbringen bzw. im Laufe der Zeit entwickeln (=v.a. Geduld)' oder aber 'Worauf sollte ich bei Unternehmensbewertungen achten'. Den meisten Fragestellungen ist dabei jeweils ein 3-4-Seiten-Abschnitt gewidmet inkl. kurzer Zusammenfassung der getätigten Aussagen. Dadurch lässt sich das Buch sehr flüssig lesen, was allerdings auch an der schnörkellosen und für jedermann verständlichen Schreibweise liegt. Dies hebe ich deswegen hervor, da ich mich vorher mehr oder weniger durch ein anderes Buch kämpfen musste, bei dem eben genau das nicht der Fall war.

Das Hauptaugenmerk des Autors liegt darin, dem Leser das Vokabular eines Investors nahe zu bringen und ihm dabei auch die Vorzüge des 'richtigen Weges' schmackhaft zu machen. Mit 'dem richtigen Weg' meine ich hierbei das langfristig angelegte wertorientierte Investieren, was auch unter dem Namen 'Value Investing' bekannt ist. Till lässt relativ viele Zitate bekannter Investoren wie Andre Kostolany oder Warren Buffett einfließen und bringt an geeigneten Stellen auch Beispiele aus seiner eigenen Investorenlaufbahn ein. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf Heldengeschichten, sondern zeigt auch auf, dass man trotz größter Sorgfalt (d.h. Hausaufgaben erledigt + Sicherheitsmarge eingehalten) auch mal danebenliegen kann.

Fazit:

Mit 'Einfach investieren - Grundlagen des Value Investing' ist Till ein sehr gutes Buch gelungen, welches man uneingeschränkt als Einstiegs- und Auffrischungslektüre empfehlen kann. Durch meine eigenen Erfahrungen mit und Sichtweisen zum Value Investing finde ich mich an vielen Stellen wieder. Besonders gut fand ich den Abschnitt über die Easy-Buffett-Bewertungsmethode (aus dem Buch Buffettology), welche ich auch ab und an einsetze. Durch das Buch bekommt man das notwendige Rüstzeug an die Hand, um mit dem Investieren seine ersten Erfahrungen zu sammeln. Darüber hinaus werden zahlreiche Bücher empfohlen, welche zur Erweiterung der gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden können (und auch genutzt werden sollten). Einziger Kritikpunkt aus meiner Warte ist, dass Till es teilweise mit dem Eindeutschen englischer Fachbegriffe übertrieben hat (Stichwort Schnäppchenfalle für Value Trap). Aber das ist dann am Ende doch Geschmackssache. Kurzer Hinweis noch am Ende: Ich bekomme keinerlei Geld oder sonstiges für diesen Artikel. Ich finde es wirklich sehr gut und wäre froh gewesen, wenn mir vor 20 Jahren jemand so ein Buch in die Hand gedrückt hätte.